Hot Dance Music

Duke Ellington und der Jungle Style

 

Edward Kennedy "Duke" Ellington (1899-1974) gilt zweifellos als einer der größten und genialsten Jazz-Komponisten und Bandleader des 20. Jahrhunderts.

Aufgewachsen in bürgerlichen Verhältnissen ging er 1922 mit ein paar Freunden nach New York und wagte den Weg ins Showgeschäft - eine der wenigen Möglichkeiten für Schwarze dieser Zeit, in Amerika Geld und Ruhm zu erlangen. Jedoch erst beim zweiten Anlauf konnte er sich mit seiner Truppe "The Washingtonians" mit Engagements in Clubs wie dem Kentucky Club über Wasser halten.

Sie begleiteten Tanzveranstaltungen mit Tagesschlagern und spielten Rag-Time-orientierte Musik mit nur wenig Jazzeinschlag. Die Band gewann aber erst mit Musikern wie dem Trompeter Bubber Miley, dem Posaunisten Joe "Tricky Sam" Nanton und den Saxophonisten Harry Carney, später Johnny Hodges und dem Klarinettisten Barney Bigard an Format. Inspiriert von seinen Solisten und angetrieben von ihrem neuen Manager Irving Mills komponierte Ellington auch zunehmend eigene Stücke. Der Weg zum Erfolg ging über ein Engagement im damals schon legendären Cotton Club in Harlem.

Mitte der zwanziger Jahre war schwarze Unterhaltung en vogue. Schwarze Tänzerinnen mit nicht viel mehr als mit Perlenschnüren und Federn bekleidet, heiße Musik, eine exotische Dschungel Atmosphäre und viel Erotik waren das Erfolgsrezept des teuersten Clubs in New York, des Cotton Clubs. Duke Ellington und sein Orchester begannen im Dezember 1927 die Shows im Cotton Club musikalisch zu begleiten. Weil die Band größtenteils mit sogenannten Head Arrangements, nur in den Köpfen der Musiker bestehende Arrangements, spielte, war es ihm allein schon aus diesem Grund daran gelegen, ein feste Gruppe aufzubauen.

Aber um sich von anderen Orchestern abzuheben und berühmt zu werden mußte er einen eigenen Stil finden. Durch die Mode für afrikanische Motive in den Shows kamen sie auf den Jungle Sound. Dieser Sound wurde in erster Linie durch den Gebrauch von plunger-Dämpfern für Trompete und Posaune hervorgerufen wodurch tierähnliches Gebrüll und sonstige "Dschungelraserei" imitiert wurden. Ellington machte sich daran, diesen Sound zu kultivieren und komponierte Stücke, die etwas von den Tänzen, der Magie und der Arbeitswelt der schwarzen Sklaven suggerieren sollten.

Eine typische Jungle-Nummer ist "East St. Louis Toodle-O", das auch seine erste Erkennungsmelodie wurde. Charakteristisch ist der Wechsel zwischen Dur- und Moll-Themen. Im ersten und letzten Moll Chorus ertönt Bubber Mileys typisches "Geschrei" und growl, so wild er nur konnte. Dazwischen sind andere Themen, gespielt von Klarinette, Posaune, Saxophon und Blechtrio, kontrastierend angeordnet. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Big Band Arrangements, wo sich Blech und Saxophonsätze endlos antworten zeigt Ellington hier schon eine breite Tonpalette und erreicht eine bestimmte Orchesterklangfarbe, die seine Aufnahmen von der Musik vergleichbarer Bands dieser Zeit abheben.

Die Stücke waren auf seine Musiker zugeschnitten und nicht dafür gedacht, von anderen Bands nachgespielt zu werden. Auch sein Kompositionsstil entsprach dieser Auffassung: meistens erarbeitete er die Stücke während der Proben mit seinen Musikern, behielt jedoch stets die volle Kontrolle und hatte genaue Vorstellungen wie ein Stück klingen sollte.

In den folgenden Jahren schaffte er es, sein Orchester durch Radiosendungen und durch Filme populär zu machen. In dem Kurzfilm "Black And Tan Fantasy" geht es um eine herzleidende Tänzerin, die während eines Auftritts zusammenbricht und die Band spielt dann an ihrem Totenbett die Titelmusik. "Black And Tan Fantasy", ein melancholisches Stück in Bluesmanier, das bereits 1927 aufgenommen wurde, begeisterte Kritiker und Fans gleichermaßen. Es endet mit den typischen Takten von Chopins Trauermarsch und wirkt überzeugend und leidenschaftlich.

Weitere wichtige Kompositionen von Ellington dieser Zeit sind "The Mooch", "Black Beauty", und "Creole Love Call", worin erstmals eine menschliche Stimme wie ein Instrument eingesetzt wird. Dieser Scat-Gesang vor dem Hintergrund eines gefühlvoll gespielten Klarinettentrios imitiert das Wah Wah der Trompete.

Der Jungle Style wurde abgelöst von "sweet music" oder auch "mood style" genannt. Die Musik wurde ruhiger, der Rhythmus wurde in den Hintergrund gedrängt und die heißen vituosen Soli wichen zunehmend sentimentalen bis nachdenklichen Melodien. "Mood Indigo" als Stellvertreter für diesen Ellington Stil wurde sehr populär. Auch an der ungeheueren Popularität der Swing Bands der 30iger Jahre konnte er anknüpfen und brachte mit "It Don´t Mean A Thing If It Aint Got That Swing" die ganze Swing ära zum Ausdruck.

Die Ellington Band blieb populär und das bis zu Dukes Tod 1974. Während dieser Zeit machte er zahlreiche Tourneen kreuz und quer durch die ganze Welt und spielte über 3500 Titel ein. Seine ungeheuere Krativität spiegelt sich in über 1200 Kompositionen wieder, von denen etliche den Rahmen der reinen Unterhaltungsmusik sprengen. Auch nach der großen Zeit der Jazzorchester, als die Popmusik andere Wege ging, hat Ellington es verstanden ein breiteres Publikum zu finden. Der langjährige Erfolg und die Einzigartigkeit des Ellington Orchesters liegt sicherlich auch in der Qualität seiner Musiker und deren Kontinuität. Johnny Hodges und Harry Carney beispielsweise waren über 40 Jahre lang Mitglied des Orchesters.

Folgendes Ellington Zitat zeigt in typischer ironischer Art, jedoch sehr treffend sein Verhältnis zur Musik, um die es ihm stets in erster Linie gegangen ist: "Ich will meine Musiker um mich haben und hören, wie sie meine Musik spielen. Es interessiert mich nicht, ob ich Musik für die Nachwelt schaffe. Das einzige, was ich will, ist, dass es jetzt im Augenblick gut klingt."

Ellington hinterließ eine so große Menge überragender Musik, dass es eine Lebensaufgabe sein kann sie zu erkunden. Und tatsächlich ist sein Einfluß auf heutige Jazzmusiker ungebrochen.

Literatur zur Musik der 20er und 30er

  • James Lincoln Collier: Duke Ellington, Genius des Jazz. Hannibal Verlag, 1989.

  • Hans Ruland: Duke Ellington, sein Leben, seine Musik, seine Schallplatten. Oreos Verlag, Collection Jazz, 1985.

  • Joachim Ernst Berendt: Das Jazzbuch. Wolfgang Krüger Verlag, 1976.

  • Klaus Wolbert (Hrsg): That´s Jazz - der Sound des 20. Jahrhunderts; Nachdruck des Kataloges zur gleichnamigen Ausstellung 1988 in Darmstadt. Verlag Jürgen Häusser, 1997.